Cover des gedruckten Buches Essensausgabe bei der AAK, Copyright Erich Bauer, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Alben 5 Bd.7, S. 822
   

3. Auswertung und Dokumentation

3.3

Männer als Angehörige der Wehrmacht

3.3.1

Auswertung

 

Bei der untersuchten Personengruppe – insgesamt 28 Rückmeldungen –, handelt es sich um Angehörige der Wehrmacht, deren damaliges Alter von 18 bis 36 Jahren reicht. Die meisten gerieten mit Kriegsende in Gefangenschaft oder befanden sich bereits im alliierten Gewahrsam. Die Aufenthaltsorte am 8. Mai 1945 entsprachen etwa dem Frontverlauf. In seiner Heimat befand sich keiner der Befragten.

Das Kriegsende gestaltete sich für die meisten Kriegsteilnehmer als eine Phase zugleich der Angst und der Hoffnung. Ängste bestanden bezüglich der Zukunft und dem Schicksal der Angehörigen, um den Zustand von Haus oder Wohnung. Die Sorgen um das Schicksal der Familie, von der man keine Nachrichten hatte, waren vor allem groß, wenn die Familie in den Vertreibungsgebieten östlich von Oder und Neiße oder im Sudentengebiet beheimatet war. Die Hoffnung auf Frieden überwiegt im Vergleich zu der Erwartung auf Freiheit. Häufig wird die Erleichterung über die Rettung des eigenen Lebens vermerkt. Ein 18-jähriger, SS-Angehöriger (?), der Anfang 1945 bei der Ardennenoffensive eingesetzt war, beschreibt seine persönliche Empfindung angesichts des verlorenen Krieges als „totale Enttäuschung“. Das Kriegsende wird hier verbunden mit „Gefangenschaft und Schmach“. Seine auch noch 1995 andauernde Verbitterung wird sichtbar, wenn er weiter schreibt: „die Amerikaner verkauften mich 1946 an die Franzosen, und so kam ich ins Kohlenbergwerk bei Lille bis 1949“.

In einigen Fällen erlebten die Befragten den Wechsel der Besatzungsmacht in Mitteldeutschland: „Amerikaner waren Zwischenlösung zwischen NS-Regime und Russen“. Auch im Sudetenland sahen die Zeitzeugen, wie sich die Amerikaner zurückzogen und den Russen und Tschechen die Gebiete überließen. Bei den Antworten zur Einschätzung der Besatzungssoldaten wird deutlich zwischen den kinderfreundlichen Amerikanern, den korrekten Briten, den unheimlichen Russen und den vergeltungswütigen Franzosen unterschieden. Sehr negativ wird das Verhalten der französischen „Kolonialtruppen“ beschrieben. Immer wieder wird die Sorge laut und von Bemühungen berichtet, ja nicht den Russen oder Franzosen in die Hände zu fallen, sondern möglichst den US-Truppen.

Bei den „erfahrenen“ Soldaten werden exakte militärische Angaben gemacht und bei vielen ist der Stolz auf die soldatische Leistung zu registrieren. Ein Wort ist im Zusammenhang mit dem Kriegsende bei fast allen zu lesen: „Hunger“!

Von „Vergangenheitsbewältigung“ läßt sich in dieser Phase kaum etwas erkennen, obwohl einige aus dieser Zeitzeugengruppe KZ-Häftlinge sahen, die aus den befreiten Konzentrationslagern kamen, oder auch die Ermordung von Juden in Polen miterlebt hatten. Die Konfrontation in der US-Gefangenschaft mit den NS-Greueltaten wurde als amerikanische „Hetzpropaganda“ empfunden und stieß auf Unglauben. Auffällig ist immer wieder der Gebrauch von Begriffen wie „Endsieg“, „Wunderwaffen“, „Jabo“ usw.; Österreich erscheint als „Ostmark“. „Nie wieder Krieg – Vor allem keine Diktatur mehr“, dies ist die Hoffnung eines damals 19-jährigen, der seinen Vater als Gegner des Nationalsozialismus beschreibt, in dessen Haus es denn auch kein Hitlerbild gegeben habe.

In einigen Stellungnahmen wird von Vergewaltigungen von Frauen berichtet, vor allem in Südwestdeutschland durch marokkanische Angehörige der französischen Armee. Auch dies ein bisher fast ungeschriebenes Kapitel des Kriegsendes.

Für viele Wehrmachtsangehörige war es nach Kriegsende bzw. Kriegsgefangenschaft schwer, im erlernten Beruf unterzukommen oder überhaupt einen Beruf zu ergreifen.

 
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Kriegsende 1945 | Zeitzeugen der Karlsruher Region erzählen | Letzte Änderung: 30. März 1997
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